Ich hab aus einem alten Tagebuch noch einen längeren Bericht über die Bezahlung der jährlichen Autosteuern rausgesucht. Müsste 2006 gewesen sein. Inwzischen wurde das System geändert.
Ich möchte mal eben den gestrigen Tag hier wiedergeben:
Hab ich das große „W“ auf der Stirn? Guck ma! Hab ich? Nein, nicht W von Waage oder wabbelich, sondern das W von WARTEN!
9:30 Kinder zur Schule (Strandausflug), Abfahrt zum Strand 9:45. Nach Hause, Handtasche und Unterlagen holen und zum Finanzamt, weil die Steuern bis zum 14. bezahlt werden müssen. Nun geht es nur um das neue Auto, der alte Bus ist bereits online abgehakt und bezahlt. Nur ist der neue Bus noch nicht im Internet zu finden, wie auch der Steuerberater festgestellt hat. Es war bereits der 10. und wir haben die Hoffnung aufgegeben, dass das Auto kurz vor knapp doch noch online zu finden sein würde.
Viele Leute vor und in dem Finanzamt, Nummer ziehen und … Freude! Hab 38, dran ist 34! Yipie! Irgendwie stutze ich und lausche so den Gesprächen, eine andere Frau zieht ein Ticket, fragt die rumstehenden Leute und sagt: „Dann kann ich ja nach Brasilien fliegen und wieder zurück!“ Tatsächlich sind nicht 4 Leute vor mir, sondern 104 in Worten EINHUNDERTVIER! Positiv denken, Susanne! Du wollt erst noch die Steuernummern für die Kinder beantragen und zum Rathaus wegen der Wasserabrechnung, das kannst du gut in der Zeit erledigen. Also hoch zu der Steuernummerstelle. Die Steuernummer braucht man um hier ein Konto eröffnen zu können und die Kinder wollen ihr kleines Vermögen von ca. 150 Euro gerne zur Bank bringen. Nummer ziehen und warten. Zwischenzeitlich mal wieder unten geguckt, aber keine großartige Fortschreitung des Nummernkreises. Irgendwann war ich oben dran, artig die Formulare ausgefüllt und dann sagt die ich soll nach unten gehen zum Bezahlen und dann wiederkommen! Ich sag: „Nach unten? Da wo die ganzen Leute stehen? Dahin????“ „Ja!“ „Dann bis morgen.“
Wieder nach unten, Lage peilen, aber aussichtslos und ab zum Rathaus direkt nebenan. Abteilung Wasser. Nummer ziehen, nur 8 vor mir. Rekordverdächtig wenig. Allerdings ist es 12:15, die eine der beiden Schreibtischtäterinnen verabschiedet sich in die Mittagspause und ich weiß, dass um 12:30 alles abgeschlossen wird. Dann ist nur noch ein dicker, kleiner Mann vor mir, der ständig telefoniert, also ganz wichtig ist. In dem Moment kommt eine klödernde, faltige Frau angetippelt, also die hatte so viel Schmuck und Klöderkram an sich, dass es mich an einen Schellenkranz mit vielen Schellen erinnert. Sie geht, nein schwebt direkt zum Schreibtisch und fragt was. Die einzige, noch verbliebene Wasserbeamtin, sagt zu ihr, sie möchte bitte eine Nummer ziehen und warten.
Das Silberhandtäschchen lässt sich aber nicht so einfach abspeisen und versucht einen Angriff auf den Nebenraum, in dem sich anscheinend doch noch Beamte mit Schreibtisch verstecken. Die „fast-schon-meine“-Beamtin wird strenger und lauter und sagt zu Schelly, sie möchte doch bitte warten. Dann ist meine Nummer dran und ich gehe mit leicht fiesem Grinsen an Schelly vorbei, die bis dahin immer noch keine Nummer gezogen hat.
Nun haben wir seit 5 Jahren Kanalgebühren gezahlt und sind gar nicht am Kanal angeschlossen. Hier gibt´s noch gar keinen. Das steht auch nur auf der Wasserrechnung vom Haus, bei der Werkstatt taucht das gar nicht auf. Gemerkt haben wir das erst durch unseren Angestellten, weil mein Mann mal gefragt hat was die Position überhaupt ist. Das sind so 5 Euro pro Monat und läppert sich dann doch mit den Jahren. Tatsächlich sagt die liebe Frau zu mir (während noch ein Mann kommt und ordnungsgemäß eine Nummer zieht), dass sie das prüfen und dann kriegen wir das Geld erstattet. Sie gibt mir noch einen ausgedruckten Zettel mit und lächelnd verlasse ich den Raum, in der Hoffnung, dass der Mann jetzt dran kommt, denn der hat ja die nächste Nummer…
Finanzamt zu, also ab zum „Hühnerkönig“, dem portugiesischen Imbiss und Essen mitgenommen. Nach Hause gegessen, wieder hin zum Finanzamt, dran ist 78, also noch ein weiter Weg. Zwischenzeitlich rufen die hinterm Tresen immer: „Andere Zahlungen als Auto?!?!“ Ich mit meinen Steuernummerzetteln durch die Meute, ran an den Tresen und während ich das bezahle, stelle ich mich blöd und frage natürlich gleich, was ich denn mit dem Auto machen muss. Ja, ich bräuchte den Zettel vom Internet. Ich: „Das Auto ist nicht im Internet, wir haben es gerade erst gekauft!“ „Dann müssen Sie warten, wir können momentan auch nicht ins Internet!“ „Ja, aber bis zum 14. muss das bezahlt werden!“ Schulterzucken ist die Antwort und sie gibt mir die Quittungen. Zwischendurch sind die mit den Nummern völlig durcheinander gekommen, weil wohl schon einige Dutzend die Segel gestrichen hatten. Die Kollegin nebenan hat dann Nummer 45 bearbeitet, aber ich war E38 und die war schon F45.
Mit den Quittungen wieder nach oben und man ahnt es schon … Nummer ziehen. Wieder eine halbe Stunde meines Lebens „verwartet“ um mir dann beim Überreichen der Bestätigung sagen zu lassen: „Dafür hätten Sie doch keine Nummer ziehen brauchen!!!“ *grrrrr* *schnapp*
Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn es heisst: "Wird es Frau K gelingen das Geld loszuwerden?"
Äääähhhhh...
AntwortenLöschenIch sag nie wieder was über deutsche Bürokratie.
ICH SCHWÖR!
Och ja, aber in Deutschland kann man auch ziemlich viel Lebenszeit mit Behördenkram verplempern. Aber das ist ziemlich heftig, was du da schreibst und erinnert mich schmerzlich an alte Zeiten :) Nimm dir nächstes Mal ein gutes Buch mit. Liebe Grüße
AntwortenLöschenAlso dagegeen ist es auf deutschen Behöreden ja fast wie im Kindergarten. man deine nerven möcht ich haben, das ist ja grauebhaft und ich dachte immer, in Portugal wäre alles so super easy und relaxt. Pustekuchen.
AntwortenLöschenAuf die Fortsetzung wartend Shoushou
Jesus. Bei mir würde die Sendung vermutlich unter "Frau Eiskalt läuft Amok" laufen. Mhmmm das ist doch ein guter Zeitpunkt mit Yoga & Meditation anzufangen, oder? ;))
AntwortenLöschenIch wünsche Dir gute Nerven.
Hallo Susanne, vielen Dank fuer Dein Kommentar!
AntwortenLöschen'schlepp' ist yiddish, es gibt viele juedische Ausdruecke in der englischen Sprache, ich hab vielleicht dumm geguckt, als ich das erste mal 'verkackte' hoerte!
Aber auch mehr von diesen Ausdruecken in unserer Ecke - NY/NJ.
Sieh: http://www.uta.fi/FAST/US1/REF/yidgloss.html
da sieht man so ungefaehr dass vieles aus D'land kommt.
Viele liebe Gruesse!
@ all the Kommentatoren:
AntwortenLöschenAlso nach nun fast 8 Jahren in diesem Land kann ich sagen, dass ich ruhiger geworden bin. Es gibt nichts, aber auch gar nichts ausser Gesundheit betreffend, was nicht doch Zeit bis morgen hätte. Man wird hier einfach gezwungen geduldig zu sein. Und das tolle ist, es schadet nicht. Man eignet sich das ebenfalls an, denn aufregen bringt gar nichts. Sind meine Nerven und so eine Lulli-Einstellung entspannt.
Und wieder was gelernt: immer mit der Ruhe.
AntwortenLöschenWenn das so einfach wäre. Frag´mich bloß wie man solche Aktionen als Berufstätige meistern könnte. Wahrscheinlich den Jahresurlaub nehmen!
Für so einen Gang auf´s Amt muss du mindestens einen halben Tag ansetzen. Inzwischen geht hier aber vieles online, ich würde sogar behaupten mehr als in Deutschland.
AntwortenLöschenNoch ein schönes Beispiel für portugiesische Gelassenheit? Pedro fährt durch die Kleinstadt und sieht am Strassenrand einen von seinen 93 Cousins und hält einfach eben zum Sabbeln durchs Fenster an oder ein LKW liefert in der Hauptstrasse was an. Dahinter bildet sich eine Schlange. Niemand hupt oder fängt wild an zu gestikulieren, weil alle wissen, dass es bald weiter geht. Und siehe da, es geht auch weiter.
Ich muss meinen Mann immer bremsen, weil der auch immer noch so ein Huper ist und sich aufregt. Kann nur ein Ausländer oder Psychopath sein.
Wirklich anstrengend, so ein Amttag! Bei uns isses das... hmm, angestrengt ueberlegen... Motor Vehicle Department - Autobuero? Da werden die Fuehrerscheine erneuert (nur fuer 4 Jahre gueltig), Auto an- und abgemeldet, etc.
AntwortenLöschenOkay, yiddish/juedisch wird in verschiedenen Gemeinden - hassidic, z.B. - in New York gesprochen. Stammt aus Europa, ist ja eine Mischsprache. Und ich hab halt nur das Woerterbuch als Beispiel geschnappt.
Leute portogisischer Abstammung gibts bei uns in Newark viele. Dazu noch viele Brasilianer, die ja auch im Hintergrund portigiesische Kultur/Sprache haben.... und gibts mal Fotos aus dem Leben in Portugal?
Liebe Gruesse!