Komm sach watt!

Wenn es nicht das www wäre würden hier oben Fotos meiner Kinder hängen. Ich freue mich über nette Kommentare, Kritik vertrage ich überhaupt nicht und ich bin kein Freund von Smilies, man sollte sich auch so ausdrücken können.

Thanks for stalking. Komm sach watt!

Montag, 22. April 2013

Hollywood ich komme!

Meine letzten 33 Stunden waren etwas Adrenalinlastig. Gab auch nette Sachen, aber ich fang mal vorne an. Am Samstag so um 15:30 Uhr kam Annika mit Emma (die ihren Hund vor 2,5 Wochen von der Apa geholt hatte). Sie hatte Kuchen und Donuts mitgebracht. Die Hunde haben sich gut verstanden und sind wie blöd durch den Garten getobt.



Bis um 21:30 Uhr waren die beiden hier und kommen auch nochmal wieder, wenn ihr Freund für 2 Wochen hier im Land ist. Kaum waren die weg, meinte Kind 1, dass der Junge, nennen wir ihn hier mal Connor, wieder weglaufen wird. Seine Eltern hätten Besuch und sobald der weg wäre und die Eltern im Bett, würde er wieder losgehen. Zu Fuss. Um Mitternacht sind wir ins Bett, um 3 Uhr stand Kind 1 am selbigen.... er geht jetzt los! Um 4 Uhr hatten wir ihn im Auto, ein paar Kilometer von Zuhause weg. Man konnte mit jedem gefahrenen Meter merken, wie sich die Anspannung löste. Um 5 Uhr waren wir auf dem Polizeirevier. 2 Männer, die sich die Augen gerieben haben und erstmal etwas ratlos waren. Dann haben sie das Polizeirevier im Bezirk des Jungen informiert und nochmal ihren Chef angeklingelt. Die Daten aufgenommen, unsere Aufenthaltsgenehmigungen kopiert. Der Junge wusste vor Aufregung erstmal seine Adresse nicht, Papiere hatte er nicht dabei. Mehr müsste erstmal nicht gemacht werden. Der Junge könnte bis Montag bei uns bleiben, wir müssen aber am Montag zwischen 9 und halb zehn wieder dort sein. Also ab nach Hause und erstmal noch wieder alle ins Bett.

Geweckt wurde er dann von den Versuchen seiner Eltern ihn zu erreichen. Auch haben die Eltern meine Tochter angesimst, ob er denn bei uns wäre. Hat sie verneint. So habe wir dann um 10 Uhr gefrühstückt und hatten wirklich Spaß, weil es auch ein ziemliches Sprachwirrwarr war. Und mitten in dieser fröhlichen Runde klingelt es! Glücklicherweise haben wir zu der Seite hohe Mauern und Tore. Es keiner reingucken, man hört nur die Hundemeute bellen. Wir können allerdings von hier über die Mauer gucken wer da ist, also praktisch von oben herab. Seine Eltern mit einem "Höheren". Mein Mann hat ihnen dann gesagt, dass laut Polizei der Junge bei uns bleiben kann und dann begann eine höchst amüsante, englische Schauspielnummer der Mutter (der Vater hat übrigens gar nichts gesagt). Sie rief erst völlig hysterisch: "CONNOR! CONNOOOOOOR!" Dann in einem lieblichen Ton: "Connor, come out, your Mummy is here! Mummy is here!" Dann fing sie unter schlecht gespieltem Schluchzen an und meinte zu mir (immer alles auf englisch): "Geben Sie mir mein Kind. Wissen Sie wie das ist, wenn ihnen ihr Kind weggenommen wird. Er ist krank, er hat Diabetes. Wenn ihm was passiert sind Sie Schuld!" und so weiter. Irgendwann haben wir uns einfach weggedreht und gesagt: "Fahren Sie einfach zu Polizei!"

Wir wieder ins Haus, die Kinder hatten zwischenzeitlich schon die Choreografie für ein Musical über die ganze Geschichte ausgearbeitet und waren immer noch gut drauf. Kaum saßen wir wieder beim Frühstück, ging das Telefon. Polizeirevier Caldas. Die Eltern wären da und es würde jetzt eine Patroullie vorbeigeschickt und wir müssten den Jungen rausgeben, weil er eben erst 15 ist. Es geht momentan nicht anders. So, Stimmung völlig im Eimer, ich noch jemanden, dessen Nummer ich aus dem Internet hatte, die Religionsaussteiger unterstützen, angerufen. Auch er sagt, es geht momentan nicht anders, aber es gibt einen offiziellen Weg, ich sollte das alles Aufschreiben und dann gucken wir weiter.

Kurze Zeit später stand die Polizei und die 3 Gestalten hier wieder vor der Tür.  Der Polizist war sehr nett und hat vor der Übergabe den Jungen versucht zu beruhigen. Das der Vorfall nun dem Jugendschutz gemeldet wird. Während ich hier hinter der Mauer mit allen 3 Kindern und den Polizisten stand (der hat auch nochmal seinen Chef angerufen), stand mein Mann draussen mit den Eltern und diesem Höheren. Ein Laberkopp! Völlig auf reden getrimmt. "Der Junge ist ja noch gar kein Jehova, er ist ja noch nicht getauft. Und sie wären nicht fanatisch, die Zeugen Jehovas gibt es doch auf der ganzen Welt. Und jedes Kind versucht doch mal wegzulaufen und und und." Der Polizist hat dann die Ausweise der Eltern verlangt, unsere Ausweise hatte man ja morgens um 5 schon kopiert. Zum Schluss meinte er noch, dass sie nicht ohne Ankündigung mit dem Jungen das Land verlassen dürfen. Hab ich den Höheren gebeten, dass doch unbedingt nochmal eben den Eltern zu übersetzen. War die Mutter doch etwas empört. Dann wurde der Junge geholt und es wurde kein Wort mit ihm gesprochen. Tja, muss ich nicht sagen, was für ein Scheissgefühl es war, den Jungen wieder in die "Obhut" seiner Eltern geben zu müssen. Stundenlang haben seine Eltern kein Wort gesagt, wie wir später erfahren haben. Nur der Höhere hat erst hinter verschlossenen Türen mit den Eltern und dann mit dem Jungen gesprochen.

Der Tag war gelaufen, wir waren alle traurig. Heute morgen um 9:30 Uhr war ich mit Mann wieder zum Polizeirevier, gleich durch zum Chef. Der hatte unseren Fall gerade auf dem Tisch. Nun hatte der Junge, in der  kurzen Zeit hier im Haus einen Zettel/Brief auf englisch geschrieben, was da im Elternhaus so los ist. War meine Idee, damit man eben in der Aufregung nichts vergisst zu erzählen, wenn wir da wie ursprünglich gedacht, am Montag wieder mit dem Jungen stehen. Den Brief hab ich von Kind 1 auf portugiesisch übersetzen lassen und beides heute als Farbkopie mitgenommen. Zusätzlich hab ich einen Zettel gemacht, mit den Sachen, auf die ich unbedingt nochmal hinweisen wollte. Das seine körperlichen Krankheiten (wie Diabetes) durch den psychischen Druck der Eltern entstanden sind (er weiss das auch selbst sehr genau). Das seine Eltern seit 3 Jahren illegal hier sind, also nicht ordnungsgemäß angemeldet. Dass sie dadruch auch wohl keine Krankenversicherung haben, wo sich die Mutter doch solche Sorgen wegen der Diabetes macht und das der Junge im letzten halben Jahr in der Schule total abgesackt ist und auch der Gesundheitszustand in diesem Zeitraum rapide bergab gegangen ist.

Der Chef war sehr nett und meinte es handelt sich um einen gravierenden Fall und der geht jetzt an den Jugendschutz im Bezirk des Jungen und dann werden die Eltern und der Junge angehört und es wird entschieden, ob der Junge aus der Familie genommen wird. So, das ist der aktuelle Stand, mehr können wir leider nicht machen.

12 Kommentare:

  1. OmG.

    was für ein Chaos.
    Am allerallerschlimmsten finde ich die Diabetesgeschichte, wenn du nicht richtig geguggt wird....kann das schnell böse enden.
    Da würde ich auch noch Mal ansetzen, der Junge muss richtig eingestellt werden...

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  2. Ich lese Hoffnung in Deinen Zeilen ...
    Der Junge MUSS da einfach raus ... das muss doch zu schaffen sein. So eine schlimme Situation ... für ihn, für Euch ... ich bin echt fassungslos.
    Liebe Susi, ich ziehe den Hut vor Euch! Ihr gebt nicht auf - und ich glaube, genau DAS ist die Hoffnung, die ich hier lese ...

    Alles Liebe,
    Sonja

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  3. wenn DA nicht richtig geguggt wird, sorry..........DU/IHR guggt ja schon.
    ich wünsch euch sehr gute Nerven.

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  4. Mensch, Susi... ich habe die ganze Geschichte irgendwie gar nicht mitbekommen und bin nun echt geplättet! Ist ja der Wahnsinn, was da abgeht!
    Was für ein starker Charakter muss dieser Junge sein, wenn er in diesem Alter schon klar erkennt und ausspricht, dass er mit der Sekte nichts mehr zu tun haben will. Und dass er dafür offenbar auch in Kauf nimmt, mit seinen Eltern zu brechen.
    Meine Mutter hat lange beim Jugendamt gearbeitet und häufig erzählt, dass Eltern ihre Kinder noch so misshandeln können - im Endeffekt sind die Kinder oft so voller Liebe für die Eltern (sie haben ja meist auch niemand anderen), dass sie immer wieder verzeihen. Oft bricht es dann wohl erst im erwachsenen Alter durch, dass man erkennt, was die Eltern für einen Sch... mit einem gemacht haben.

    Ich hoffe sehr, dass Kind 1´s Freund seinen Weg findet - er in erster Linie hinausführen sollte aus dieser Sekte! Schön, dass er in Euch Verbündete gefunden hat, auf die er sich verlassen kann!!

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  5. Wünsche Euch weiter viel Kraft!!! Ihr habt erstmal getan, was ihr tun konntet. Und hoffen wir mal, dass beim Jugendamt ordentliche Leute hocken!
    Alles Liebe, für Euch und den Jungen

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  6. Hoffentlich schafft ihr das. Ich wünsche es dem Jungen so. Dieses stundenlange nicht reden/ignorieren ist ja typisch für die ZJ. Wer dort aussteigen will wird mit sozialer Isolation bestraft, selbst wenn es die eigenen Kinder sind. Man kann es nicht verstehen. Gut das er wenigstens Euch hat.
    LG Heike

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  7. Man kläre mich auf! Bin nicht auf dem neuesten Stand der Dinge!

    Hat der Junge tatsächlich Diabetes und muss medikamentös behandelt werden oder ist das nur eine fiese Finte seiner Eltern? Soweit ich die Denke der ZJ kenne, lehnen die doch medizinische Interventionen i.d.R. ab, weil sich in der Krankheit eines Menschen der Wille Gottes manifestiert, um ihn zu prüfen..

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    1. Ja, hat er. Er hat das aber sehr gut im Griff, ausser eben in Stresssituationen, wenn dann der Stoffwechsel durcheinander ist.

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  8. Mein Gott, was da los war! Ich halte euch so fest die Daumen und ganz viel Kraft und Zuversicht. Ich bin gespannt wie es weitergeht. Wie das Jugendamt entscheiden wird.

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  9. Hoffentlich reagiert das Jugendamt schnell. Manchmal sind die zu schnell mit Kindern aus dem Elternhaus reißen, aber hier wäre das mal angebracht. Ich drück ganz fest die Daumen.
    Ihr seid klasse.
    LG aus Köln von der B-Elfe

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  10. Ich glaub ja, grade, weil er bei Euch sieht, wie intakte Familie aussieht, hat er auch gemerkt, was bei seiner schief läuft. Ich hoffe und wünsche mir für ihn, daß er da raus kann. Und das asap.

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  11. Menno, bei euch ist etwas los.
    Das arme Kind!

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Bitte höflich bleiben, sonst...